Darlehen oder Schenkung – Beweis im Prozess

Gerade unter nahe stehenden Verwandten sind Bargeldübergaben üblich, ohne dass dabei der Vertragszweck gesondert schriftlich fixiert wird. Man vertraut sich und geht stillschweigend von einem Einhalten der vermeintlich gegenseitig vereinbarten Vertragsbedingungen aus. Nicht anderes gilt bei guten Bekannten, Nachbarn oder Lebenspartnern. Grundsätzlich sind aber Schenkung (§ 516 Abs. 1 BGB) und Darlehen (§ 488 Abs.1 BGB) zwei völlig unterschiedlich Rechtsinstitute. D.h. der Schenker kann das Geschenk bis auf die Ausnahmen (grober Undank § 530 Abs. 1 BGB, Verarmung § 528 Abs. 1  BGB) vom Beschenkten nicht zurückfordern. Dagegen hat der Darlehensgeber gegenüber dem Darlehensnehmer einen verzinsten Rückzahlungsanspruch auf den überlassenen Geldbetrag. Ist kein bestimmtes Ablaufdatum festgelegt, muss für den Rückzahlungsanspruch zunächst das Darlehen gekündigt werden (§ 488 Abs. 3 BGB). So liegt es nahe, dass im Streitfall die eine Seite, der Nutznießer der Leistung, „Schenkung“ behauptet, da er dann nichts zurückzahlen muss. Anderseits wird die Gegenseite auf „Zahlung“  bestehen, da es sich bei dem Rechtsgeschäft um ein Darlehen gehandelt habe (§ 488 Abs. 1 BGB). Wenn dann, wie so häufig, keine schriftliche Vereinbarung vorliegt, stellt sich die Frage, wer jeweils seine Behauptungen beweisen muss. Von dieser Aufklärung hängt ab, ob der Kläger „sein“ Geld wieder erhält. Im Erbfall ist die Klärung der Frage von umso größerer Bedeutung, da eine Schenkung den Pflichtteil der Berechtigten schmälern kann und deshalb im Rahmen von § 2325 Abs. 3 BGB auszugleichen ist. Ist ein Darlehen gewährt worden, besteht ein Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Nachlass.

 

Die Beweisführung von Darlehen oder Schenkung im Prozess

Zunächst einmal müssen die Parteien untereinander die jeweiligen vertraglichen Voraussetzungen von Schenkung (§ 516 Abs. 1 BGB) oder Darlehen (§ 488 Abs. 1 BGB) im Prozess darlegen und ggf. gegenseitig die jeweiligen Ausführungen bestreiten. Von daher muss zunächst die auf Rückzahlung eines Darlehens klagende Partei beweisen, dass die Hingabe als Darlehen gem. § 488 Abs. 1 BGB erfolgt ist. Dies kann ggf. durch Urkunden (Kontoauszüge) oder Zeugen geschehen. Bei möglicher Beweisnot bietet sich die Abtretung (§ 398 BGB) des potentiellen Darlehensanspruches an, um für das Vertragsversprechen einen Zeugen zur Verfügung zu haben.  Eine allgemeine Beweisvermutung dafür, dass Geldzahlungen mit einer Rückzahlungsvereinbarung getroffen worden sind, besteht jedoch nicht. Allerdings können sich aus den Umständen des Einzelfalles – als  Beweiserleichterung – Beweisanzeichen oder sogar eine tatsächliche Vermutung dafür ergeben, dass ein Darlehen vereinbart worden ist. In der Rechtsprechung sind hierfür einige Fallgruppen gebildet worden:

  • Ausgleich eines erheblich überzogenen Girokontos bei einer erst seit Kurzem bestehenden Liebesbeziehung ist keine Schenkung

  • Hingabe eines größeren Geldbetrages an eine Cousine, wenn schon ein erheblicher Teil zurückgezahlt wurde ist keine Schenkung
  • Zahlung mehrerer größerer Geldbeträge am Anfang einer Beziehung ist keine Schenkung

 

Liegt eine derartige oder ähnliche Sachverhaltskonstellation vor, ist es an der Gegenseite, die tatsächliche Vermutung zu entkräften, die dafür spricht, dass man bei dieser Sachlage in der Regel keine Schenkung vereinbart. Gelingt dies nicht, ist von einem Darlehensanspruch gem. § 588 Abs. 1 BGB auszugehen.  Die Rechtsprechung geht von der Vermutung aus, demnach Schenkungen – ohne gesonderte Vertragsvereinbarung – nur unter nahen Angehörigen erfolgen. Die im Streit stehende Verbindung der Parteien muss also zumindest diese Voraussetzung erfüllen oder eben durch die zur Verfügung stehenden Beweismittel die Schenkung beweisen können. Gelingt dies, bleibt es bei den allgemeinen Beweisregeln.

 

Aktuelle Rechtsprechung zur Abgrenzung von Schenkung oder Darlehen:

OLG Hamm, vom 24.01.2012, Az: I-7 U 59/11 – zur Abgrenzung Schenkung oder Darlehen bei Bekannten

OLG München, vom 23.05.2005, Az: 21 U 2849/03, – Zur Frage bei der Vermögenszuwendung am Anfang einer beginnenden Beziehung

 

 

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Dr. Stefan Günther

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